GeoRoute Lippe

Geostopp 46-67 (Hauptroute)

Haard (Datteln/Oer-Erkenschwick/Haltern am See)

Nach Querung der Lippe in Richtung Süden erreichen wir die Haard. Neben der Hohen Mark ist die Haard mit einer Gesamtwaldfläche von über 5500 ha das größte zusammenhängende Waldgebiet im Naturpark „Hohe Mark"[1]. Haard, Borkenberge und Hohe Mark werden als „Haltener Berge“ zusammengefasst und sind jeweils durch Hügel und dazwischen eingeschnittene Trockentäler gekennzeichnet. Feuchte Senken kommen vor, sind aber aufgrund des sandigen Untergrundes insgesamt selten. Der Stimberg [2] im Süden der Haard ist mit über 157 m ü. NHN die höchste Erhebung der Haltener Berge.

[1] siehe „Hohlweg Bohnenthal“ (43) [2] siehe „Stimberg“ (54-56)

Blick über weitläufige Waldlandschaft
Blick aus der Haard ins Lippetal. © A. Abels

46 Sandgrube „In den Wellen“

An der Straße „In den Wellen“ nahe der früheren Raketenstellung liegt ein kleiner, nicht mehr genutzter Sandabbau, in dem die Halterner Sande gut zugänglich aufgeschlossen sind. An einer etwa 4 m hohen Wand lässt sich die Bildung von schmalen Brauneisenlagen („Eisenschwartenstein“[1]) in verschiedenen Phasen gut erkennen.

[1]siehe „Baggersee Flaesheim“ (62-65)

Wand mit rot-gelben Sanden und Fahrrad im Vordergrund
Sandaufschluss am Weg „In den Wellen“ in der Haard. © A. Abels

47 Opferstein

Das auffälligste Merkmal des „Opferstein“ genannten Findlings ist, dass er an der Oberseite von einer ebenen Fläche begrenzt wird, vermutlich eine natürliche Kluftfläche. Diese Fläche lässt den Stein altarartig erscheinen und könnte damit der Grund für seinen ungewöhnlichen Namen sein. Die Maße des dunklen Steins werden mit 1,84 x 1,34 x 0,80 m angegeben. Der heutige Standort ist nicht der ursprüngliche. Bis vor einigen Jahren lag der Stein noch rund 120 m weiter südlich. Die Bezeichnung „Opferstein“ taucht bereits in alten Karten auf, doch ob der Stein tatsächlich Teil einer germanischen Opferstätte war, ist ungewiss.

Flacher Felsblock, kleines Schild, Bank
Am Opferstein. © A. Abels

48 Findling Jammertal

Unmittelbar im Eingangsbereich des Landhotels „Jammertal“ ist ein skandinavischer Findling platziert, der durch seine Größe beeindruckt. Folgt man der Aufforderung einer daran angebrachten Metallklappe und schätzt das Gewicht, erfährt man durch Anheben derselben das gemessene Resultat: genau 14,710 kg wiegt der rötliche Brocken. Der Großstein wurde allerdings nicht in der Haard gefunden, sondern aus Dänemark per Lastwagen angeliefert und hier aufgestellt. Die Flurbezeichnung „Jammertal“ ist 1730 erstmals urkundlich erwähnt und soll vom keltisch/germanischen Begriff für Wasser „Gammer“ herrühren. Die Deutung wird durch die nur 800 m nordwestlich gelegene Gernebachquelle [1].

[1]siehe „Gernebachquelle“ (51)

Hotel Jammertal

Übermannshoher Felsblock auf Hotelgelände
15-Tonnen Findling vor dem Hotel Jammertal. © A. Abels

49 Schacht Haard 1

Mitten in der Haard, im Gebiet der Stadt Datteln, lag das Anschlussbergwerk „An der Haard 1“. Aufgrund seiner Lage im Naturpark, ging der Genehmigung der Anlage 1977 eine intensive, öffentlich ausgetragene Kontroverse voraus. Noch im gleichen Jahr wurde mit dem Abteufen begonnen; 1983 erfolgte die Inbetriebnahme. Seit 1992 war der Schachtstandort Teil des Verbundbergwerks Blumenthal/Haard; sieben Jahre später wurde er stillgelegt. 2015 begann man den Schacht zu verfüllen und die Übertageanlage abzubrechen. Ziel ist komplette Renaturierung der Fläche.

Gebäude Schachtanlage
Ehemaliges Schachtgebäude „An der Haard 1“. © A. Abels

50 Entwicklung Podsol

An der Kreuzung Ahsener Allee/Erkenschwicker Weg steht eine Tafel mit Informationen zur zeitlichen Entwicklung von Podsolen, auch Ascheböden genannt, sowie der Waldgesellschaft in der Haard nach der letzten Eiszeit. Wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Podsolen (Podsolierung) sind die 1,4 bis 2,4 m mächtigen, durchlässigen Flugsanddecken in der Haard. Durch Sickerwasser werden dabei Humus und Eisenverbindungen aus dem dann gebleichten Oberboden („Asche“) in den Unterboden ausgewaschen. Die Podsolierung findet sich besonders unter mangelhaft zersetzter organischer Substanz wie Nadelstreu, aus der organische Säuren heraus gewaschen werden, die das Eisen im Boden mobilisieren können. Podsol ist das Endstadium einer Bodenbildungssequenz. Auf silikatischem Sand oder Sandstein entsteht in humidem Klima zunächst Ranker, dann Braunerde und schließlich Podsol. Eine typische Bildung in Podsolen sind sogenannte  Ortsteine (von altsächsisch „arut“ für Erz). Da Ortstein fast wasserundurchlässig ist und das Wurzelwachstum behindert, wird die Vegetation stark beeinträchtigt. Durch das zur Aufforstung durchgeführte Tiefpflügen in der Haard sind die Podsolhorizonte heute allerdings weitgehend aufgebrochen. Der Prozess ist ähnlich der Bildung von Eisenschwartenhorizonten in den Halterner Sanden, die vor den Kaltzeiten im Neogen entstanden sind[1].

[1]siehe „Baggersee Flaesheim“ (62-65)

Earthcache:

Podsol (Ascheboden) in der Haard

Mann mit Fahhrad liest Infotafel
Infotafel zur Podsolbildung an der Ahsener Allee. © GeoPark Ruhrgebiet

51 Gernebachquelle

Die Quelle der Gerne war lange Zeit die einzige ständig fließende Quelle in der gesamten Haard. Sie lieferte früher bis zu 30 l Wasser in der Sekunde, wie Messungen 1921 ergaben. Sie genügte, um die großen Ahsener Fischteiche, bis zu 70 Teiche waren zeitweise vorhanden, im unteren Gernebachtal zu speisen und eine Wassermühle anzutreiben. In den 1970er Jahren nahm die Ergiebigkeit der Quelle dann relativ schnell ab, bis nur noch ein Rinnsal übrig blieb. Die Ursache dafür ist bis heute unbekannt. Über einen Zusammenhang mit dem Steinkohlenbergbau unter der Haard wird spekuliert.

Sage zur Gernbebachquelle

Fahrrad, Bank, Infotafel
An der Gernebachquelle. © A. Abels

52 Diller Mark

Die Talformen in der Haard sind überwiegend Trockentäler, deren Entstehung im Zusammenhang mit der Kaltzeiten steht. Im Drenthe-Stadium der Saale-Kaltzeit vor rund 270.000 Jahren reichten die Gletscher bis in Raum der Haard und darüber hinaus bis in den nördlichen Saum des Sauerlandes[1]. Während die von Nordwesten anrückenden, im Ruhrgebiet rund 150 m mächtigen Gletscher die bis dahin wenig gegliederte Geländeoberfläche der Haard vollständig überfuhren, schürften sie bis zu 75 m tiefe Täler in den Untergrund. Vor rund 128.000 Jahren erwärmte sich das Klima wieder, die Gletscher schmolzen ab. Das gesamte Material, das im Eis eingefroren war, blieb als sogenannte Grundmoräne zurück. Ein Gemenge von Kies, Sand und Ton sind die Hauptbestandteile, aber auch tonnenschwere, zum Teil aus Skandinavien heran transportierte Findlinge waren Teil dieser Fracht. Während des Abschmelzen zerfiel der Gletscher an seiner Front in isolierte Reststücke, dem Toteis. Zwischen diesem Resteis flossen große Mengen Schmelzwasser ab und tieften die von den Gletschern geschaffenen Talformen weiter ein oder schufen neue. Aufgrund von Bodenuntersuchungen wird vermutet, das im Dille-Tal ein solcher Toteisblock gelegen hat, von dem anfangs in drei Richtungen Schmelzwasser abfloss. Die Grundmoräne, welche auch die Höhen bedeckte, wurde nach und nach von dort durch einen Bodenfließen (Solifluktion) geannten Vorgang in die Täler transportiert. Sogar ein kleiner Eisstausee am Südrand des Blocks wird vermutet. Am Weg steht eine Informationstafel, die die Zusammenhänge erklärt.

[1]siehe „Sonsbecker Schweiz“ (109, 110)

Hinweis: Die Tafel in der Diller Mark wurde entfernt.

Infotafel an Weg
In der Diller Mark am Erkenschwicker Weg. © A. Abels

53 Zeche Wald II

Inmitten der Haard gab es einst eine kleine Produktionsstätte für Töpferwaren und Dachziegel, die „Potthütte“ Rohstoff für Ziegel und „Pötte“ war eine Tonschicht, die sich über und unter einer rund 70 cm dicken Schicht „Braunkohle“ abgelagert hatte. Diese wiederum diente als Brennstoff für den Ofen. 1856 wurden die Abbaurechte für die „Braunkohle“ in Recklinghausen beantragt und 1860 schließlich auch erteilt. Die kleine Zeche erhielt den Namen „Braunkohlen Bergwerk Wald II“. Wie weit der Stollen in den Untergrund reichte, ist unbekannt. Der rund 600 m lange „Rehgraben“, der vom Stollenmundloch am Weg entlang dem Gefälle folgend nach Nordwesten verläuft, ist künstlich angelegt und diente zur Entwässerung der kleinen Zeche. Die Produktionsstätte geriet irgendwann in Vergessenheit, bis sie 1988 in alten Mutungsberichten wieder auftauchte. Daraufhin angestellte Bohrungen ergaben neben einem genauen Profil des Vorkommens, dass die „Braunkohle“ eigentlich ein dicht gepresster, fossiler Torf ist. Entstanden ist er in einem Moor, dass in der Eem-Warmzeit vor rund 120.000 Jahren in einer hier gelegenen Senke entstanden ist. Die Benennung „Zeche Wald II“ lässt eine Vorgängerin vermuten, doch ist dazu nichts bekannt. Auszubildende des Bergwerks Blumenthal/Haard richteten das verfallene Stollenmundloch 1992/93 wieder her. Seitdem ziert eine durch ein Gittertor geschützte Plastik der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, dieses Relikt frühen Bergbaus.

gemauertes Stollenmundloch mit Gitter
Stollenmundloch der „Braunkohlenzeche“ Wald II. © A. Abels
Bronzwen Statue in mit Holz ausgebautem Stollen
Barbarastatue im Stollen der Zeche Wald II. © GeoPark Ruhrgebiet

54/55/56 Stimberg

Der Stimberg im Südteil der Haard ist Teil eines ausgeprägten Plateaus (145-150 m NHN) mit Ausmaßen von rund 900 m (NE-SW) x 200 m (NW-SE). Als höchster Punkt liegt der Stimberg mit 156,9 m ü. NHN am Nordost-Ende des Plateaus. An verschiedenen Stellen ist hier der Stimberg-Sandstein aufgeschlossen, am besten im Hang östlich der früheren Radarstation. Es ist gut zu erkennen, dass keine lang durchhaltenden Schichten entwickelt sind. Man spricht hier daher von Gesteinshorizonten innerhalb der unverfestigten Sande. Das Gestein, welches in den Halterner Bergen (Haard, Borkenberge, Hohe Mark) und im Raum Netteberge-Ehringhausen[1] vorkommt, wird in der Literatur oft als „Quarzit“ bezeichnet, besonders der „Stimberg-Quarzit“. Nur der metamorphe Quarzit allerdings, bei dem die Quarzkörner unter hohem Druck und hoher Temperatur verändert wurden, kann als „echter“ Quarzit verstanden werden. Solchen Bedingungen war das Gestein in unserer Region nie ausgesetzt, auch wenn die Beteiligung hydrothermaler Wässer aus dem tieferen Untergrund für möglich gehalten wird. Es wird stattdessen angenommen, dass ein Prozess der Diagenese verantwortlich ist. Bei diesem wurde unter tropischen Klimabedingungen während des Tertiärs Kieselsäure durch Grund- und Sickerwasser gelöst und an anderer Stelle der Gesteinsabfolge wieder ausgefällt. Dieser Quarz-Zement hat die Quarzkörner miteinander „verklebt“ bzw. verkieselt, sodass diese Gesteine als „quarzitische Sandsteine“ angesprochen werden. Der Grad der Einkieselung ist dabei sehr unterschiedlich. Alle Übergänge vom nur schwach verfestigtem Quarzsand, über absandenden Sandstein bis zu hartem, nicht absandenden quarzitischem Sandstein kommen vor. Letzterer kann den echten Quarziten in Zusammensetzung und Gefügeeigenschaften sehr ähnlich werden und wird historisch als „Halterner Knauern“ bezeichnet. Bohrungen und Aufschlüsse zeigen, dass im Wesentlichen nur eine „Bank“ Sandstein in der Haltern-Formation vorkommt, auch wenn Sandlagen zwischengelagert sein können. Diese Bank kann aber lokal durchaus ein Mächtigkeit von vielen Metern erreichen, am besten sichtbar im aufgelassenen Steinbruch Freudenberg in der Emmelkämper Mark.

Der große Bruch südlich unterhalb der früheren Radarstation wurde erst 1933 für ein Straßenbauprojekt angelegt. Am Südrand des Plateaus verläuft ein schon 1835 beschriebener, 4-5 m tiefer Hohlweg von der Höhe an den Hangfuß. Das Gestein konnte hier über ein weniger steiles Gefälle abtransportiert werden. Ein ähnlicher Hohlweg befindet sich am Annaberg[3], wo ebenfalls Sandstein abgebaut wurde. Durch ungleichmäßige Verkieselung bildet das Gestein stellenweise skurrile Formen aus. Auf der Ostseite des Stimbergs hat ein freiliegendes Exemplar die Fantasie besonders beflügelt, der sogenannte „Teufelsstein“. Die „Becks’sche Kinderhand“, ein im Norden der Haard gefundenes, besonders ungewöhnlich geformtes Exemplar, sorgte Anfang des 19. Jahrhunderts für einiges Aufsehen.

[1]siehe „Netteberger Sandgruben“ (34-36) [2]siehe „Steinbruch Freudenberg“ (86) [3]siehe „Annaberg“ (71)

Bergbau- und Geschichtsmusem Oer-Erkenschwick

rundlich rot-gelb-graue Gesteine im Wald
Aufschluss am Stimberg © Geologischer Dienst NRW
rötliche sandige Partien zwischen grauen Gesteinsblöcken
Quarzit und Sand am Stimberg. © A. Abels
großer grauer Felsblock mit rundlichen Löchern
Teufelsstein am Osthang des Stimbergs. © A. Abels
gelb-rötlicher Sandstein mit Löchern

Stimberg

Höchste Erhebung der Haard mit bizarren Felsen aus Stimberg-Quarzit.

Mehr dazu

57 Findling Mutter Wehner

Westlich gegenüber der Gaststätte Mutter Wehner liegt an der Zufahrt zu einem Parkplatz ein etwa 11 hoher, grauer Granitfindling. Seit 1991 ist er als Naturdenkmal eingetragen. Auch ein Besuch der Gaststätte selbst lohnt „geologisch“. In den niedrigen Mauern des Biergartens sind alle Gesteinstypen vermauert, die man in der Haard finden kann.

Mutter Wehner

Felsblock am Waldrand
Findling am Parkplatz des Gasthauses „Mutter Wehner“. © A. Abels

58 Johanneskreuz

Die Wegekreuzung am 1993 aufgestellten Johanneskreuz wird allgemein als "Zentrum" der Haard betrachet und liegt im Stadtgebiet Oer-Erkenschwicks. Es soll Standort des Heiligen Baumes (niederdeutsch „Hilliger Boum“) gewesen sein, welcher vielleicht bereits eine vorchristliche Kultstätte darstellte. Im Zuge der Christianisierung wurde dann möglicherweise stattdessen ein Kreuz aufgestellt, obwohl der „heidnische“ Name bis in die Neuzeit überdauert hat. Spätestens im Mittelalter wurde hier das Marken- oder Holzgericht abgehalten. Gesteinskundlich interessant ist die Pflasterung rund um den Fuß des großen Holzkreuzes. Sie besteht zum Teil aus den lokalen Eisenschwartensteinen[1] und einigen Sandsteinen mit großen Muschelabdrücken. Aus der lateinischen Bezeichnung für die Eisenschwartensteine „Aeres“ wird der Namensteil „Oer“ der Stadt Oer- Erkenschwick abgeleitet. Der im Pflaster aus weißen Kieselsteinen nachgebildete Stern weißt auf einen Legende aus der Zeit der Christianisierung hin, über die eine am Kreuz angebrachten Infotafel Auskunft gibt.

[1]siehe „Baggersee Flaesheim“ (62-65)

Sternmuster aus verschiedenen Gesteinen und Fossilien
Teil der Bodenpflasterung um das Johanneskreuz. © A. Abels

59 Dicker Stein Haard

Der größte bisher in der Haard entdeckte Findling steht an einer Wegkreuzung und dient als Denkmal für Jupp Meis (1916-1980), langjähriger Wegewart des Sauerländischen Gebirgsvereins in der Region. Eine 1982 in den Stein eingelassene Tafel erinnert an ihn. Der „Dicker Stein“ genannte Findling, ein graurötlicher Granit, wurde erst 1973 beim Tiefpflügen im Gelände hinter dem Stein entdeckt und an seinen heutigen Platz verfrachtet. Seine Maße werden mit 2,20 x 1,64 x 1,00 m angegeben, wobei dann rund 40 cm der längsten Achse im Boden stecken müssen.

FIndling mit Metallplatte und kleinem Infoschild
Dicker Stein an der Kreuzung Flaesheimer/Halterner Weg. © A. Abels

60 Schürfgräben Haard

Die mutmaßlich frühesten Bergbauversuche in der Haard sieht man knapp südlich des Meilerplatzes, wo mehrere Nord-Süd orientierte Gräben das Unterholz durchziehen. Sie sollen durch Schürfversuche um die Jahre 1798 bis 1801 entstanden sein. Ein Freiherr von Kettelar aus dem sauerländischen Almen hatte „Kobold-Erzstücke“ als Lesesteine gefunden, vermutlich den häufigen Eisenschwartenstein, der von „seltsamen, gold- und silberschimmernden Schichten“ durchsetzt war. Dokumente belegen, dass darauf hin zahlreiche Lagerstätten, in denen vor allem Silber vorkommen sollte, vom Kölner Kurfürsten ausgewiesen wurden. Letztlich blieben aber alle Versuche erfolglos Edelmetalle aus dem Boden zu holen. Schon nach wenigen Jahren war der Rausch wieder vorbei.

Dreieckiger Unterstand
Am Meilerplatz in der Nähe der Schürfgräben. © GeoPark Ruhrgebiet

61 Drei Städte Grenzstein

Ein besonderer Grenzstein namens „Hunges Föllen“ befindet sich etwas abseits des Weges neben der östlichsten Grundwasser-Entnahmestelle der Gelsenwasser AG. Der rund 1 m hohe Findling steht etwa dort, wo sich die Grenzen der Städte Haltern, Datteln und Oer-Erkenschwick treffen. Er markiert diesen Grenzpunkt bereits seit 1651. Der eigentliche, nach modernen Methoden bestimmte Grenzpunkt liegt allerdings wenige Meter neben dem Stein an der gegenüberliegenden Wegseite. Der ungewöhnliche Name soll von einem Fohlen herrühren, das kurz nach der Geburt starb und das dem Westlevener Bauern Hungern gehörte. Er soll es hier am Markstein begraben haben. Seit 2008 zeigt ein hölzerner Wegweiser an, welchen Weg man nehmen muss, um ins Zentrum einer der drei Städte zu gelangen.

62/63/64/65 Quarzsandabbau und Baggerseen Flaesheim

Kurz nach Eröffnung des Wesel-Datteln-Kanals 1931 begann an dessen Südufer der Abbau im Baggersee Flaesheim, heute einer der größten Aufschlüsse in der Haltern-Formation. Da die Formation zum Großteil aus Sanden besteht, spricht man auch von den „Halterner Sanden“. Chronostratigrafisch gehören sie in die Oberkreide (Mittelsanton bis Untercampan). Die „Netteberger Sande“[1] und der Stimberg-Quarzit[2] sind mit die jüngsten erhaltenen Einheiten innerhalb der Haltern-Formation. Die Mächtigkeit der Haltener Sande erreicht im Mittel 50-100 m, örtlich bis zu 300 m. Abgesehen von den isoliert liegenden Netteberger Sanden nehmen sie zwischen Dorsten, Coesfeld, Borken und Datteln eine Fläche von rund 800 km2 ein. Innerhalb dieses Verbreitungsgebietes zeigen die Sande sehr unterschiedliche Erscheinungsformen: Im Osten kommen besonders reine, fast weiße Quarzsande mit über 99% SiO2-Anteil vor, in den übrigen Gebieten zeigen sie einen unterschiedlich hohen Eisenanteil, der eine ockergelbe bis orangene Färbung mit sich bringt. Die reinen Quarzsande werden auf Bleichvorgänge durch huminsaure Wässer zurückgeführt, die während eines warm-humiden Klimas im Neogen vor rund 12 Millionen Jahre gewirkt haben sollen. Es wird angenommen, dass sich in deren Verbreitungsgebiet Mooren entwickelt hatten, deren Humussäuren mit dem Sickerwasser in den Sand eindrangen und dort die Eisenoxide abführten. Diese intensive Bleichung der Sande scheint an einen bis zu 6 km breiten, etwa Südost-Nordwest orientierten Streifen gebunden zu sein, vielleicht das Tal eines älteren Flusssystems, und reicht in eine Tiefe von 60 bis 70 m. Darunter weisen die Sande heute noch den ursprünglichen, an das grünliche Mineral Glaukonit gebundenen Eisenanteil auf. Aber auch andere Eisenquellen werden für möglich gehalten, etwa Trümmererze, die im Nordwesten des Verbreitungsgebietes der Haltener Sande auskartiert wurden, oder Pyrit (Schwefelkies, FeS2), der sicher in den Netteberger Sanden[1] eine Rolle spielte. In tieferen Schichten, mutmaßlich im Bereich früherer Grundwasserspiegel, wurde das Eisen wieder abgelagert mit dem Resultat des in den Halterner Sanden häufig vorkommenden Eisenschwartensteins (auch Eisensandstein oder Brauneisenstein genannt). Diese dunkelbraunen bis fast schwarzen Gesteine sind als plattige, harte, häufig durch Wind glatt polierte Lesesteine in der Haard fast allgegenwärtig. Eisenanteile von 16 bis 27 % wurden ermittelt, selten auch höher. Im Anstehenden zeigen sich oft verschiedene Verfestigungsgrade und mehrere Horizonte übereinander. Stellenweise haben sich auch Knollen, Becher, Röhren oder andere Formen von zum Teil beträchtlicher Größe entwickelt. Besonders in den Borkenbergen nördlich des Hullerner Stausees sind größere Aufschlüsse vorhanden. Museen der Region haben einige ungewöhnliche Stücke aus den Haltern-Formation  in  ihrem  Bestand,  zum Beispiel das Geomuseum in Münster. Große Eisenschwartensteine findet man ebenfalls in Haltern am Kreuzweg auf dem Annaberg[3]. In der Nähe an der Dorstener Straße (Hausnr. 38) liegt seit 2007 ein als „Borkenberger Opferstein“ bezeichnetes Exemplar.

Weitere Beispiele finden sich vor dem ehemaligen Hermann-Grochtmann-Museum in Datteln (Brunnen), am Ende des Alten Postwegs in Haltern-Hullern (Ehrenmal) und mehrfach in Haltern-Westrup (Einfriedungen). In den Wänden einiger alter Bauwerke in der Region wurden dieses Gestein stellenweise mit verbaut, zum Beispiel in den  Außenmauern der Kirche St. Maria-Magdalena[4] in Flaesheim und der Dorfkirche in Drevenack[5]. Kleine, flache Stücke von Eisenschwartenstein wurden im südlichen Münsterland früher als sogenannte Picksteine (niederdeutsch „Bicksteene“) von den Äckern gesammelt (afgebickt) und wegen ihrer Härte als fester Bodenbelag in Tennen, Dielen und Küchen verwendet. Dazu wurden die Steine senkrecht in Lehm eingeschlagen und dann die Oberfläche mit einer flachen Holzramme verdichtet und geebnet. Öffentlich zugängliche Beispiele findet man im Stadt- und Heimatmuseum Marl und in der heutigen Gaststätte „Zum Wiesental“ in Dorsten-Lembeck. Am Johanneskreuz[6] ist ein Teil des Sockelpflasters ebenfalls in dieser Form ausgeführt. Mitunter ähnliche in der Region vorkommende Eisenanreicherungen sind Ortstein[7] und Raseneisenerz[8]. Teilweise lösten die Säuren auch die Quarzkörner selbst an, wodurch SiO2 mobilisiert und an anderer Stelle wieder abgelagert wurde. Resultat sind heute quarzitische Sandsteine innerhalb der Halterner Sande, zum Beispiel auf dem Stimberg[2]. Eine artenreiche, teilweise in Lebensstellung überlieferte und am Meeresboden lebende Fauna sowie bestimmte Sedimentstrukturen (Kreuzschichtung) deuten darauf hin, dass die mächtigen Sande als Sandriff unweit einer südlich gelegenen Küste entstanden sind. Besonders am südöstlichen Rand des Flaesheimer Baggersees sind die Sande großflächig aufgeschlossen, zum Teil in Steilwänden. Während im kleinen, nördlichen Teil heute eine Marina liegt, betreiben die Quarzwerke Haltern im weitaus größeren, südlichen und westlichen Teil einen aktiven Abbau. Die Gewinnung der fest gepackten Quarzsande erfolgt im Seegrund mit einem Saugbagger, der mit einem Schneidkopf ausgerüstet ist.  Ein am Nordufer gelegenes Quarzsand- und Mahlwerk (63) bereitet das Material auf. Zeitweise wurde der Sand im südlichen Randbereich auch im Tagebau abgebaut. Das Gelände ist eingezäunt; das Betreten untersagt. Ebenfalls im Nassabbau betreibt die Firma Westquarz Tecklenborg 2 km östlich des Baggersees eine weitere Sandgrube (64). Neben den Flaesheimer Gruben werden die reinen Sande auch bei Haltern-Sythen, Dülmen und Hausdülmen abgebaut. Verwendet werden sie vor allem in der Glas- und Gießereiindustrie. In vermahlter Form finden sie ein weites Anwendungsfeld als Quarzmehl, so als Füllstoff in Gießharzen und anderen Kunststoffen, als Schleif - und Poliermittel sowie als Rohstoff in der keramischen Industrie. Nur 600 m nordöstlich des Baggersees im Ortsteil Westleven produziert die Firma Cirkel (65) von 1939 bis heute Kalksandsteine und andere Baustoffe unter Verwendung der lokalen Quarzsande.

[1]siehe „Netteberger Sandgruben“ (34-36) [2]siehe „Stimberg“ (54-56) [3]siehe „Annaberg“ (71) [4]siehe „Kirche St. Maria-Magdalena" (67) [5]siehe „Dorfkirche Drevenack“ (94) [6]siehe „Johanneskreuz“ (58) [7]siehe „Bodenbildung Podsol“ (50) [8]siehe „Eisenhütte Westfalia“ (124)

Quarzwerke

 

 

Heller Sand mit rundlichen Löchern
Sandaufschluss mit Nisthöhlen am Baggersee Flaesheim. © A. Abels
Abbaubetrieb mit Seen und offen liegenden hellen Sandflächen
Der helle Quarzsand aus Flaesheim kommt als Spezialsand z.B. in der Glasherstellung zur Anwendung. © GeoPark Ruhrgebiet
rötlich-streifig-blättrige Gesteinsoberfläche
Eisenschwartenstein am Annaberg. © A. Abels

66 Findling Flaesheim

Ein großer graubrauner quarzitischer Sandstein (275 x 200 x 145 cm) liegt an der Kanalquerung zwischen den beiden Untertoren der Schleusen Flaesheim. Vermutlich wurde er beim Bau einer der beiden Schleusenkammern ausgegraben und hier abgelegt. Der Findling ist seit 1991 als Naturdenkmal eingetragen.

Felsblock auf Rasen
Findling an den Flaesheimer Schleusen. © A. Abels

67 Kirche St. Maria-Magdalena

Die katholische Pfarrkirche, deren Turm aus dem 12. Jahrhundert stammt, wurde vornehmlich aus Sandstein der Haltern-Formation[1] errichtet, die im Farbton von hellbeige bis orangerot variieren. Dazu kommen nicht selten rostbraune Eisenschwartensteine[2]. Nordwestlich neben der Kirche ist das Fachwerkhaus des früheren Stiftsfischers erhalten. Es wird vermutet, das es ursprünglich näher an der Lippe gelegen hat als die heutigen 200 m. Als Beleg dafür wird Flusssand erachtet, den man am Fuß einer Treppe fand, die direkt nördlich der Kirche ausgegraben wurde. Auch hätte man das Haus des Fischers aus praktischen Gründen nicht so weit vom Fluss entfernt gebaut. In jedem Fall wurde die Kirche auf der Lippeterrasse nahe deren Kante gebaut, die man westlich der Kirche im Gelände noch erkennen kann. Dass die Lippe auch in historischer Zeit mehrfach ihr Bett auf natürlichem Wege plötzlich verlegt hat; und wahrscheinlich auch geteilt hat, ist dokumentiert. So floss die Lippe einst nahe südlich der Halterner Stadtmauer entlang, heute ist sie von deren früherem Standort rund einen Kilometer weiter entfernt. Die Verlagerung geschah während eines starken Hochwassers im Winter 1569/70.

[1]siehe „Stimberg“ (54-56) [2]siehe „Baggersee Flaesheim“ (62-65)

Texte: Abels, A. (2017): GeoRoute Lippe: Von Eisensteinen, Dünenfeldern und Mäandern der Lippe – durch den Norden des GeoPark Ruhrgebiet, Regionalverband Ruhr und GeoPark Ruhrgebiet e.V. (Hrsg.), Essen.

Information der Kirchengemeinde

Kirchturm aus Naturstein mit rotem Ziegeldach
Kirche St. Maria Magdalena in Flaesheim erreichtet aus Halterner Sandstein. © A. Abels