Geologische Wand Kampmannbrücke
GeoRoute Ruhr
Der als Naturdenkmal eingetragene ehemalige Steinbruch liegt am Nordufer des Baldeneysees in der Nähe der gleichnamigen Brücke. Das hier aufgeschlossene Profil erschließt über 50.000 Jahre Erdgeschichte mit Kohleflözen und Pflanzenfossilien. Stolleneingänge erinnern an den historischen Steinkohlebergbau. Vor Ort befinden sich mehrere Infotafeln.
Der fossilie Baumstamm, der seit Juli 2020 in der Wand aufgeschlossen war, konnte am 23.06.2022 geborgen werden und befindet sich nun im Ruhr Museum. Er wird mit einem 3D-Modell und einem Film auf der Webseite Digital Geology der DGGV vorgestellt.
Weitere Informationen
Der Aufschluss ist die Station 24 der
und Teil der
Earthcaches
Infos
Adresse: Stauseebogen 597c, 45259 Essen
UTM-Koordinaten (Zone 32): RW: 366133 HW: 5695955
ÖPNV: Bushaltestelle Kampmannbrücke (100 m)
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Ehemaliger Steinbruch und historisches Bergwerk
Ehemaliger Steinbruch und historisches Bergwerk
An der Geologischen Wand Kampmannbrücke, einem ehemaligen Steinbruch, ist das Steinkohlengebirge an der Erdoberfläche zu sehen. Vor 318 bis 296 Millionen Jahren, in der Oberkarbonzeit, wurde ein heute 3 bis 4 km mächtiger Gesteinsstapel abgelagert, der 200-300 Kohleflöze enthält. Die hier aufgeschlossenen Schichten der Bochum-Formation bildeten sich vor 314 Millionen Jahren. Sie enthalten Fettkohle, die häufigste Kohlenart im Ruhrgebiet, die sich besonders gut zur Herstellung des zur Stahlerzeugung benötigten Kokses eignet. Gegen Ende der Karbonzeit wurden die Schichten im Zuge der Entstehung des Rheinischen Schiefergebirges gefaltet. An dem Profil lassen sich 50.000 Jahre Erdgeschichte nachvollziehen.
Im Norden des Ruhrgebietes ist das Steinkohlengebirge von jüngeren Ablagerungen der Kreidezeit bedeckt. Im Süden stehen ältere Gesteine an, die keine Flöze enthalten. Im Bereich der Ruhr liegt die Kohle jedoch direkt an der Erdoberfläche. Daher wurde hier auch schon früh ein oberflächennaher Bergbau betrieben, zunächst in flachen Gruben (Pingen), später in waagerecht in den Berg hinein getriebenen Stollen. Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Kohle auch unterhalb der Talsohle im Tiefbau gewonnen.
In der Wand liegen zwei Stolleneingänge, die um 1980 restauriert und mit einem hölzernen Ausbau, dem „Deutschen Türstock“, versehen wurden. Über dem Stollen Vosshege auf der linken Seite wurde Kohle aus dem Flöz Dickebank gewonnen. Das Flöz wurde hier fast vollständig abgebaut, wobei die Gewinnung seit 1819 auch im Tiefbau durch die Zeche Wasserschneppe erfolgte. Die Stollenzeche Vosshege, die später mit dem Bergwerk Flor & Flörchen konsolidierte, existierte bereits um 1800. Sie wurde zunächst bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts betrieben. Zwischen 1947 und 1952 ging sie als Kleinzeche erneut in Betrieb und erhielt 1948 den Namen Zeche Voßhege, Dickebank & Fledermaus. Der zur damaligen Zeit herrschende Kohlenmangel war der Grund dafür, dass in vielen ehemaligen Stollenzechen erneut Steinkohle gefördert wurde. Im Jahr 1951 waren hier 115 Bergleute beschäftigt. Der Stollen auf der rechten Seite liegt in Flöz Angelika, welches hier teilweise abgebaut wurde. Die übrigen drei Kohlenflöze, die aufgeschlossen sind, das schmale Flöz Dünnebank und die beiden unreinen Flöze Karoline und Luise, waren hingegen nicht abbauwürdig.
Schichtenfolge und geologisches Profil
Schichtenfolge und geologisches Profil
Die Gesteinsschichten an der Geologischen Wand wechseln in einer rhythmischen Folge, die für das Steinkohlengebirge typisch ist. Auffälligstes Gestein ist hier der Sandstein, der als Sand in einem Fluss abgelagert wurde und hier im Steinbruch als Baumaterial gewonnen wurde. Er enthält vereinzelt Fossilien von Drifthölzern. Erkennbar sind auch in verschiedenen Winkeln schräg einfallende Schichtungen, die von unterschiedlichen Strömungsrichtungen im Fluss zeugen. Die farbigen Strukturen im Sandstein (Liesegangsche Ringe) sind durch die Lösung und Ausfällung von Eisenoxiden entstanden. Auf den Sandablagerungen wuchsen dann in einer Moorlandschaft die Bäume des Steinkohlenwaldes. Aus den Pflanzen des Waldmoores bildeten sich die Kohleflöze. Der damalige Boden, auf dem einst die Bäume wuchsen, ist als sogenannter Wurzelboden noch erkennbar. Bei steigendem Grundwasserspiegel ertranken die Moore und es wurde Ton (heute Tonstein) abgelagert. Bei sinkendem Grundwasserspiegel wurde die Sedimentation wieder von Flüssen übernommen. Im Übergang steht Siltstein an, ein Gestein, dessen Korngröße zwischen Ton und Sand liegt.
Das geologische Profil zeigt einen tektonischen Sattel, in dessen Kern die ältesten Gesteinsschichten liegen. Zu beiden Seiten des „Nöckersberger Sattels“ schließen sich Faltenflanken an an, in denen die jüngeren Schichten in entgegengesetzter Richtung einfallen, und die zur „Sackberger Mulde“ im Süden und der „Heisinger Mulde“ im Norden überleiten. Bei diesen Strukturen handelt es sich um Spezialfalten innerhalb der „Bochumer Hauptmulde“, einer tektonischen Großform, die sich von Südwesten nach Nordosten durch das gesamte Ruhrgebiet erstreckt.
Das Steinkohlengebirge ist von zahlreichen Störungen durchzogen, meist Aufschiebungen, die entstanden sind, weil die Schichten während der Faltung so stark eingeengt wurden, dass sie abgerissen sind. An Störungen sind die Schichten gegeneinander versetzt. An der Südflanke des „Nöckersberger Sattels“ ist ein kompliziertes, aus zwei entgegen gesetzt gerichteten Einzelstörungen bestehendes Störungssystem zu erkennen. Das Flöz Dickebank wird dadurch abgeschnitten und seine Fortsetzung ist erst unterhalb des Wegniveaus zu erwarten.
Fossilien und andere Besonderheiten
Fossilien und andere Besonderheiten
Im Oberkarbon lag das Ruhrgebiet am Äquator und es herrschte ein feuchtwarmes Klima. Die günstigen Wachstumsbedingungen erlaubten das Entstehen eines üppigen Waldes, in dem jedoch völlig andere Baumarten als heute wuchsen.
Im südlichen Teil der Felswand wurden bis über 7 m hohe fossile Siegelbaumstämme entdeckt. Sie stehen aufrecht über dem Flöz Angelika. Während das Flöz komprimiertes Pflanzenmaterial enthält – das 0,65 m mächtige Flöz entstand aus einer etwa 6,5 m dicken Torfschicht – wurden diese Stämme in Lebendstellung konserviert. Das geschah in relativ kurzer Zeit durch Überschwemmungen, bei denen sich der mitgeführte Schlamm abgesetzt und die Baumstämme eingebettet hat. Im Laufe der Zeit zersetzte sich das pflanzliche Material, wobei die stabilere Baumrinde zunächst erhalten blieb und die hohlen Stämme mit Sediment gefüllt wurden. Inzwischen sind die Stämme in der Wand nicht mehr sichtbar. Siegelbäume gehören ebenso wie die ebenfalls weit verbreiteten Schuppenbäume zu den Bärlappgewächsen, einer ursprünglichen Pflanzengruppe, die heute nur noch in krautiger Form existiert. Ebenfalls stark verbeitet waren Calamiten, baumförmige Verwandte der heutigen Schachtelhalme, und baumgroße Farne.
Die karbonzeitlichen Flüsse, die den Sand ablagerten, der heute die mächtigen Sandsteinbänke zwischen den Kohleflözen bildet, führten auch Drifthölzer mit sich. Mehrere Abdrücke der urzeitlichen Baumstämme sind im Sandstein oberhalb von Flöz Dickebank zu erkennen.
In Flöz Angelika liegt eine wenige Zentimeter mächtige Kaolin-Kohlen-Tonsteinlage. Sie hat ihren Ursprung in dem Ascheregen eines entfernten Vulkanausbruchs, der während der Steinkohlezeit über dem Ruhrgebiet niederging. Da die Schicht innerhalb sehr kurzer Zeit abgelagert wurde, ist sie als scharfe Zeitmarke von großem Wert für die Wissenschaft. An bestimmten Mineralien innerhalb der Kaolin-Kohlentonsteine lassen sich auch absolute Altersbestimmungen vornehmen.
Im nördlichen Bereich der Geologischen Wand liegen die Flöze Karoline und Luise dicht nebeneinander. Während der Eiszeit (Quartär) wurden sie durch Bodenbewegungen im oberen Bereich umgebogen, weil der aufgetaute Boden auf dem gefrorenen Untergrund ins Fließen geriet. Heute bilden sie einen waagerechten schwarzen Streifen. Dieses Phänomen wird „Flözblume“ genannt. Über dem Streifen liegt Löß, ein feinkörniger Staub, der während der Eiszeit aus der unbewachsenen Landschaft ausgeweht und hier, wie vielerorts im Ruhrgebiet, über den älteren Gesteinen abgelagert wurde.