GeoRoute Lippe

Geostopp 30-40 (Hauptroute)

Selm

30/31 Steinbruch Brauereiknapp und Schloss Cappenberg

Oberhalb der früheren Brauerei liegt links und rechts der Straße der alte Cappenberger Steinbruch aus dem spätestens im 12. Jahrhundert Baumaterial gewonnen wurde. Dieses wurde nicht nur lokal für den Haus- und Mauerbau verwendet, sondern war auch für den napoleonischen Straßenbau im gesamten „Lipp-Department“ vorgesehen. Die hier anstehenden Gesteine sind weitgehend Sandmergelsteine, gehören in die Oberkreide (Obersanton, Recklinghausen-Formation) und sind rund 83 Millionen Jahre alt. An der rund 10 m hohen Steinbruchwand nördlich der Straße ließ sich bis vor wenigen Jahren gut das leichte Einfallen der Schichten in Richtung Norden erkennen. Heute ist der Steinbruch mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen, die Steinbruchwände aber noch gut zu erreichen. Gelegentlich kommen Abdrücke der Muschelgattung Inoceramus vor. Weitere kleine Abbaustellen lässt die Morphologie des Steilhangs östlich des Schlosses vermuten. Das prominenteste aus „Cappenberger Sandstein“ errichtete Bauwerk ist die Pfarrkirche im Schlosshof, deren Baubeginn auf 1122 datiert wird. Gut sichtbar ist der Baustein auch in der den Schlosspark umgebenden Mauer sowie in den Mauern der Remise östlich der beiden Torhäuser und mehrerer Gebäude am Brauereiknapp.

Schmaler Aufschluss mit hellgelben Gesteinen im Wald mit Baumwurzeln
Steinbruch Brauereiknapp. © A. Abels
Weißes Schloss mit rotem Dach auf Anhöhe hinter See
Blick auf Schloss Cappenberg. © A. Abels
Schmaler Aufschluss mit hellgelben Gesteinen im Wald mit Baumwurzeln

Steinbruch Brauereiknapp

Ehemaliger Sandsteinbruch (Cappenberger Sandstein) in der Nähe von Schloss Cappenberg.

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32 Freiherr-vom-Stein-Denkmal

Geologisch interessant ist das 1992 enthüllte Freiherr-vom-Stein-Denkmal aufgrund des verwendeten Bausteins. Es ist Ruhrsandstein aus dem Karbon, der in einem Steinbruch in Dortmund-Buchholz gebrochen wurde. Der Stein weist zahlreiche sogenannte Liesegang’sche Ringe auf. Diese braunen konzentrischen Verfärbungen entstehen durch Eisenoxid, dass in den Porenräumen des Sandsteins durch wässrige Lösungen mobilisiert und wieder ausgefällt wurde. Nördlich des Dorfes Cappenberg erreicht die GeoRoute ein Gebiet, das fast schon wie ein Mittelgebirge wirkt. Drei etwa Ost-West verlaufende Talungen werden durchquert, die jeweils – von Süd nach Nord – durch den Balken-, den Paß- und den Schnippenbach nach Westen entwässert werden. Ursache für das ausgeprägte Relief sind leicht nach Norden einfallende, unterschiedlich erosionsbeständige Gesteinsschichten. Relativ weiche, unterschiedlich sandige Mergel wechseln hier mit Mergelsandsteinen und, weiter nördlich, Kalksandsteinen ab. Auffällig ist das gemeinsame Abbrechen der Höhenzüge im Westen etwa im Verlauf des Unterlaufs des Paßbachs, möglicherweise das Resultat von Störungen[1].

[1]siehe „Netteberger Sandgruben“ (34-36)

Kreis aus Sandsteinplatten
Freiherr-vom-Stein-Denkmal in Cappenberg. © A. Abels

33 Steinbruch Klinge

Der etwa Ost-West streichende Höhenrücken nördlich des Schnippenbach-Tales hat seine Ursache in verwitterungsbeständigen quarzitischen Kalksandsteinen, den „Netteberger Sandsteinen“[1]. Der frühere Steinbruch Klinge ist ein Beispiel für die früher zahlreichen kleinen Steingruben und -brüche beiderseits der Netteberger Straße. Heute sind diese Abbaue nur noch durch mehr oder weniger auffällige Geländekanten auszumachen oder in der Literatur genannt. Die flache, mit einer Wiese bedeckte Mulde am Hof Klinge war vermutlich zu Zeiten des Abbaus deutlich tiefer.

[1]siehe „Netteberger Sandgruben“ (34-36)

Hügelige Wiesenlandschaft
Blick nach Süden über das Schnippenbachtal. © A. Abels

34/35/36 Netteberger Sandgruben

Die größten Gruben, in denen Sand und Sandstein abgebaut wurden, liegen am Westhang des Höhenrückens nordöstlich von Bork-Hassel. Die Gruben erschlossen rund 10 m mächtige, hellgraue bis gelbliche Sande. Unregelmäßig treten in den Sanden quarzitische Kalksandsteinblöcke auf, die oft rundlich-löchrige Formen aufweisen. Stellenweise sind die Sande zudem mit braunroten Eisenanreicherungen durchsetzt, die den Eisenschwartensteinen entsprechen, wie sie in großen Mengen in den Sanden der Halterner Berge[1] vorkommen. Kalksandsteine und die Eisenanreicherungen entstanden im feuchtwarmen Klima des Tertärs, als die Region Festland war. Kieselsäure und Eisen wurden in Porenwässern gelöst und an anderer Stelle chemisch wieder ausgefällt. Während der Kalk in den lockeren Sanden ebenfalls vollständig abgeführt wurde, blieb er im durch Quarz verfestigten Gestein erhalten. Die Sande wurden in der Oberkreide abgelagert (Unter-Campan, Haltern-Formation) und entsprechen stratigrafisch wie faziell den Halterner Sanden[1]. Etwa 2,5 km nordwestlich liegt ein heute isoliertes Sand- und Sandsteinvorkommen gleicher Art zwischen dem Fluss Funne und dem Südrand des Klockenbergs, zuletzt gut aufgeschlossen während der Erschließung des Baugebiets Klockenberg 2010. Beide Vorkommen erreichen am Westrand ihre größte Mächtigkeit von 10 bis 12 m und brechen dann nach Westen relativ abrupt ab. Dies könnte durch eine nordwest-streichende Störung verursacht sein. Nach Osten hingegen nimmt die Mächtigkeit des Netteberger Sand- und Sandsteinlagers langsam ab und streicht in Werne-Ehringhausen nach rund 8 km aus.

Ein kleines Denkmal (35) aus Sandstein nahe des früheren Wiegemeisterhauses, hier wurde die Ladung der Lastkraftwagen gewogen, erinnert an die Urbarmachung des Geländes. Eine Kleinbahn verband die nördliche langgestreckte Grube mit der von 1909 bis 1928 betriebenen Zeche Hermann, gelegen 1 km nördlich in Selm. Der Abbau in den Netteberger Gruben wurde 1970 eingestellt. Verwendung fand der Sandstein als Straßen- und Wegepflaster, oder als Baustein, zum Beispiel für die St. Stephanus-Kirche in Bork[2] und den alten Kanalhafen in Olfen. Der Sand wurde zunächst zum Ausfüllen ausgekohlter Hohlräume (Versatz) auf der Zeche Hermann verwendet, später war er für die Bauindustrie interessant. Neben Sand und Sandstein wurde in Netteberge auch Mergel abgebaut, der das Sandvorkommen mit scharfer Grenze über- und unterlagert. Drei Ziegeleien in der unmittelbaren Umgebung verarbeiteten das Material. Heute sind im Bereich des Netteberger Gruben nur noch kleine Aufschlüsse vorhanden. In den Gruben haben sich zum Teil durch Regenwasser und Schichtquellen gespeiste Teiche mit randlichen Bruchwäldern entwickelt. Ein kleiner Teich (36) neben dem Hof Wiesmann fällt zeitweise trocken, weil sein Wasser unterirdisch durch die porösen Sande abfließt. Seit 1981 stehen rund 23 ha des Gebietes unter Naturschutz.

[1]siehe „Stimberg“ und „Baggersee Flaesheim“ (54-56, 62-65) [2]siehe „St. Stephanus-Kirche Bork“ (38)

Gelb-Rötliche Gesteine
Kleiner Aufschluss in den Netteberger Sandgruben mit rundlichem Sandstein (oben) und Sand darunter. © A. Abels
Sandstein mit Aufschrift
Denkmal an den Netteberger Sandgruben.

37 Ehrenmahl Netteberge

Im steilen Anstieg von Bork-Hassel nach Osten steht an der Netteberger Straße ein Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege. Für die Gestaltung des Ehrenmals hat man einen großen Block Netteberger Sandstein verwendet, dessen Oberfläche von kleinen Mulden durchsetzt ist. Sie sind durch runde Eisensteinkonkretionen verursacht, die aus dem Sandstein herausgewittert sind oder gerade herauswittern.

Sandsteinblock auf Sockel mit Namen und Kreuz
Gefallenenehrenmal an der Netteberger Straße. © A. Abels

38 St. Stephanus-Kirche Bork

Für den Bau (1718-1724) der ursprünglich einschiffigen Pfarrkirche St. Stephanus in Selm-Bork wurde zunächst vor allem der „Cappenberger Sandstein“[1] verarbeitet. Für die später angebauten Seitenschiffe (18841886) war dann aber der „Netteberger Sandstein“ aus den nahe gelegenen Steingruben die erste Wahl.

[1]siehe „Cappenberg, Brauereiknapp“ (30)

Kirchengemeinde

Außenwand einer Kirche
Seitenschiff der Stephanus-Kirche in Selm-Bork, errichtet aus Netteberger Sandstein. © A. Abels

39 Martinsbrunnen

In den Orten rund um Netterberge liegen an Straßen und in Gärten an vielen Stellen unterschiedlich, manchmal kurios geformte Sandsteinblöcke aus dem Netteberger Vorkommen, manchmal künstlerisch überarbeitet. Ein Beispiel ist der Sockel eines kleinen Brunnens, gelegen am Marktplatz in Selm-Bork. Der Brunnen mit einer bronzenen Darstellung der Sankt-Martins-Legende entstand 1992 nach Entwürfen von Prof. Lothar Kampmann.

Sandsteinblock mit zwei Bronzefiguren (St. Martin und Bettler)
Martinsbrunnen in Selm-Bork. © A. Abels

40 Ziegelei Reygers

Östlich des Borker Bahnhofs befand sich die 1897 errichtete „Dampfringofen-Ziegelei Hugo Reygers“. Heute steht an gleicher Stelle eine große Gewerbehalle. Nur das Ziegelmeisterhaus an der Südwestecke des früheren Betriebsgeländes blieb erhalten. Der Ziegeleibetrieb wuchs schnell und musste bereits 1908 erweitert werden. Er hielt sich bis zur Stilllegung 1963. Die Betriebsgebäude waren bis 1965 abgebrochen. Im Wiesengelände südlich des früheren Betriebes sind noch deutlich einige Geländekanten sichtbar, die durch den Abbau des Rohstoffes für die Ziegelherstellung verursacht sind. Mergelsand der Recklinghausen-Formation[1] (Obersanton) wurde hier gewonnen. Der Abbau reichte bis an die Ausfallstraße Richtung Vinnum. In jüngerer Zeit lag auch weiter südlich im Verlauf der heutigen Straße Wienacker eine Grube und war über eine 1 km lange Teckelbahn mit der Ziegelei verbunden. Reygers war nicht die erste Ziegelei in der dem Ort zugehörigen Bauerschaft Altenbork. Neben dem verbreiteten Feldbrand produzierten zur Mitte des 19. Jahrhunderts bereits die Ziegeleien Kortenbusch und Hellkamp Ziegelsteine und Dachpfannen.

[1]siehe „Cappenberg, Brauereiknapp“ (30)

Texte: Abels, A. (2017): GeoRoute Lippe: Von Eisensteinen, Dünenfeldern und Mäandern der Lippe – durch den Norden des GeoPark Ruhrgebiet, Regionalverband Ruhr und GeoPark Ruhrgebiet e.V. (Hrsg.), Essen.

Einfamilien-Backsteinhaus
Ziegelmeisterhaus der ehemaligen Ziegelei Reyers. © A. Abels