GeoRoute Lippe

Geostopp 118-131 (Variante Bergkamen-Lünen)

Lünen

118/119/120 Seseke und Kuhbach

Mit Beginn der Industrialisierung der Region im 19. Jahrhundert wurden auch der Fluss Seseke (118) und seine zufließenden Bäche den damaligen Bedürfnissen der Industrie und der stark ansteigenden Bevölkerung angepasst. Abwässer wurden eingeleitet sowie die Läufe begradigt. Als Folge von Bergsenkungen mussten an der Seseke zudem abschnittsweise viele Meter hohe Dämme die Umgebung vor Hochwasser schützen (119). Bäche mussten in Abschnitten tiefer gelegt werden, um Rückstauseen zu verhindern. In den 1930er Jahren verlegte man zum Hochwasserschutz die Mündung der Seseke aus der Stadt Lünen heraus 900 m flussaufwärts. Vorbild war wahrscheinlich die Stadt Hamm, wo man einige Jahre früher mit dem Lippezufluss Ahse ähnlich verfuhr. Heute zeigen die Seseke wie ihre Zuläufe auf langen Abschnitten wieder ein relativ naturnahes Erscheinungsbild. Dies ist ein Resultat des „Seseskeprogramms“, eines umfangreichen Projekts des Lippeverbandes zur ökologischen Verbesserung des Flusses und seiner Zuläufe.

Einer dieser Zuläufe ist der Kuhbach, an dessen Unterlauf an einer 2004 aufgestellten Skulptur - „Freier Lauf“ von Wolfgang Kerak - aus Anröchter Kalksandstein einige Daten zur Umbaugeschichte des Bachs zu lesen sind (120). Begonnen wurde das Programm 1986 mit dem Umbau des Braunebaches in Kamen. In der Folgezeit wurden bis 2004 vier neue Kläranlagen, einige Regenwasserbehandlungsanlagen und Rückhaltebecken gebaut sowie das bisher oberirdisch abfließende Schmutzwasser in Rohrleitungen unter die Erde verbannt. Im Anschluss konnten die ehemaligen Schmutzwasserläufe zu naturnahen Gewässern umgestaltet werden, die Seseke selbst ab 2008. Betonsohlschalen wurden entfernt und das Profil des Flusses wenn möglich verbreitert. Wehre und andere Querbauwerke wurden beseitigt oder umgestaltet. Als eine der letzten Maßnahmen wurde 2015 die Mündung der Seseke umgebaut.

[1] siehe „Museum der Stadt Lünen“ [2] siehe „Neue und Alte Ahse“

Sesekeprogramm

Naturnaher Bach
Blick auf die renaturierte Seseke. © A. Abels
2 hohe Steinplatten mit Beschriftung
Skulptur „Freier Lauf“ am Kuhbach. © A. Abels

121/122 Seepark Lünen

Das Gelände der ehemaligen Ziegelei Horstmar wurde ab 1993 als Teilfläche der Landesgartenschau von 1996 umgestaltet und ist heute ein Teil des 63 ha großen Seeparks. Gegründet hat die Ziegelei 1900 Landwirt Heinrich Hüsemann, der bereits zuvor an gleicher Stelle durch Feldbrand Ziegel hergestellt hatte. Noch vor 1927 übernahm die Baufirma Wilhelm Knorr aus Dortmund-Derne den Betrieb und baute ihn aus. Die Mergelgrube lag direkt nördlich der Betriebsgebäude und reichte bis an das Ufer der Seseke. Wesentlicher Rohstoff für die Ziegelherstellung war Emscher-Mergel, bekannt war die Grube aber vor allem für ihren Reichtum an Fossilien und menschlichen Artefakten in den quartären Ablagerungen darüber. Oberhalb des Mergels lagen Knochenkiese (0,3-0,4 m), unter anderem mit Resten von Mammuts, dann Schneckensande (1,9-2,2 m) und schließlich Talsande der Lippe-Niederterrasse. Im nördlichen Teil der Grube waren zudem alluviale Sedimente (3,8 m) aufgeschlossen, die viele unterschiedliche Muscheln, Schnecken, Pflanzen, Säugetierknochen sowie menschliches Werkzeug bargen. Dieses Material kam in der Nacheiszeit im Flusstal der Seseke zur Ablagerung. Nach Stilllegung der Ziegelei 1964 nutzte zuletzt eine Tiefbaufirma die Hauptgebäude bis zum Abbruch 1994. Einige Mauerreste des einstigen Maschinenhauses ließ man als letzte Erinnerung stehen.

Der Bauschutt wurde im Bereich der bereits ab Mitte der 1970er Jahre verfüllten Mergelgrube zu einem Hügel aufgeschüttet, den man nach Süden zu als Stufenpyramide gestaltete. Ein Teich westlich des Hügels füllt den letzten Rest der Grube. Etwa an der Stelle, wo sich das Gesindehaus befand, steht heute der Ostflügel der Landesschule des „Kleingartenverbands Westfalen und Lippe“. Westlich der Preußenstraße war ein Großteil des heutigen Parkgeländes vor 1993 Ackerland, das durch Bergsenkungen um bis zu 12 m abgesackt und daher stellenweise vernässt war. In einem Teil der entstandenen Mulde wurde der Horstmarer See ausgebaggert, dessen spektakuläre Flutung mit Kanalwasser am 23. April 1994 rund 10.000 Zuschauer verfolgten. Der Ostteil des knapp 10 ha großen Sees wird als Badesee genutzt, wofür ein rund 5000 m2 großer Sandstrand aufgeschüttet wurde. Unmittelbar südlich des Kanals wurde eine 8,5 m tiefe Bergsenke belassen (122), die heute gelegentlich als Freiluftbühne dient. Am nördlichen Seeufer ragt eine „Bastion“ genannte Plattform in den See hinein, auf der eine rund 10 m hohe Installation aus bunten Stahlträgern, Mikadostäben gleich, eine weithin sichtbare Landmarke bildet. Die scheinbare Instabilität der Installation des Bildhauers und Architekten Erich Reusch symbolisiert die Bergsenkungen der Umgebung.

Informationen bei www.ruhrgebiet-industriekultur.de

Pyramide aus Bauschutt der Ziegelei Horstmar.
Pyramide aus Bauschutt der Ziegelei Horstmar. © A. Abels
Naturbühne mit Rasen
Im Seepark Lünen. © A. Abels

123 Museum der Stadt Lünen

Nordöstlich ist dem Schloss Schwansbell ein langes Ziegelgebäude vorgelagert, das seit 1983 als Museum der Stadt Lünen dient. Es wurde 1854 auf einer von der Seseke umflossenen Insel als Wirtschaftshaus errichtet, nachdem ein Vorgängerbau abgebrannt war. Das Gebäude ist auf 440 Eichenpfählen gegründet, erklärlich durch seine Lage im Schwemmlandbereich der Seseke. Das Stadtmuseum hat seinen Ursprung in einem privaten Heimatmuseum, das 1937 mit zwei Sammlungen gegründet wurde. Eine davon war die rund 130 Handstücke umfassende Fossilien- und Gesteinssammlung von Bernhard Falk (1870-1939), die seit Jahrzehnten im Magazin liegt. Ausgestellt sind aber unter anderem zahlreiche Erzeugnisse der vier Lüner Eisenhütten ab 1826 sowie Produkte mehrerer Töpfereien in Lünen ab ungefähr 1770 (Irdenware) sowie importierte Ware.

Nördlich der Schlossanlage Schwansbell, 1872 bis 1875 errichtet, dominiert heute der Damm der Seseke[1] das Landschaftsbild. Dies ist letztlich eine Folge von Bergsenkungen, die das umgebende Gelände seit Beginn des 20. Jahrhunderts um rund 12 m absacken ließen. Als eine Folge musste 1958 ein großes Torhaus nördlich des Gräftenteiches abgerissen werden, da es einzustürzen drohte. Eine zusätzliche Veränderung der Topografie ergab sich östlich des Schlosses durch die Anlage einer Hausmülldeponie, heute ein bewaldeter Hügel.

[1]siehe „Neue und Alte Seseke“

Museum

Neidriges Backsteingebäude mit Verzierungen und Türmchen
Museum der Stadt Lünen. © A. Abels

124/125 Eisenhütte Westfalia

Neben der Zeche Viktoria war die ehemalige Eisenhütte Westfalia der zweite große Arbeitgeber im Lüner Norden und der erste große Industriebetrieb in Lünen überhaupt. Gründer der Eisenhütte war 1826 Caspar Diedrich Wehrenbold (1795–1851), der bereits 1819 die Aufsicht über die ein Jahr zuvor einsetzenden Salztransporte auf der Lippe erhalten hatte. Auslöser für die Gründung der Hütte war entlang des Flusses häufig vorkommendes Raseneisenerz. Schon 1823 hatte Wehrenbold sich die ersten Abbaurechte entlang der Lippe ab dem Haus Dahl bis östlich von Lippstadt gesichert („Zeche Westphalia“). Zwei Jahre später ersteigerte er die Erbpachtrechte auf die Cappenberger Mühle an der Lippe, eine Voraussetzung für die frühen Eisenhütten zum Antrieb der Blasebälge und der Schmiedehämmer. Wenig später übernahmen Dampfmaschinen die mechanische Arbeit, doch wurden weiterhin erhebliche Wassermengen vor allem für den Betrieb der Hochöfen benötigt. Wehrenbold musste Arbeitskräfte aus den alten Eisenrevieren anwerben, so aus dem Hunsrück und dem Saargebiet. Kurze Zeit später treten die Brüder von Born sowie Franz Schulz und Friedrich Heinrich Gockel, alle in Lünen tätig, als Kapitalgeber ins Unternehmen ein. Ein erster Hochofen wurde 1827 angeblasen, die Gießerei ein Jahr später fertiggestellt. Hergestellt wurden zunächst Hausgeräte, einfache Maschinen und Öfen, doch nach und nach erweiterte sich das Spektrum erheblich. Schon in den 1850er Jahren hatte man mit dem Maschinenbau für den im Ruhrgebiet expandierenden Bergbau begonnen, doch behielt die Herstellung von Gusswaren bis in das 20. Jahrhundert große Bedeutung. Erst 1931 erfolgte die vollständige Hinwendung zum Bau von Bergwerksmaschinen. Nachdem der Betrieb in den 1950er Jahren über 1200 Arbeitnehmer beschäftigt hatte, wurde das Ende der Eisenhütte 1987 mit der Entlassung von rund 800 Beschäftigten eingeläutet. Ende 1988 schloss der älteste Betriebszweig des Werkes, die Gießerei. Nur die Sparte Maschinenbau im Bereich Bergbau blieb bestehen. Seit 1991 erfolgten mehrere Fusionen und Übernahmen mit bzw. durch andere Unternehmen. Derzeit gehört der Betrieb zum amerikanischen Unternehmen Caterpillar.

Nach dem Ende der Hütte wurden einige Werksgebäude zunächst anderen Nutzungen zugeführt, letztlich 2005/07 aber größtenteils abgebrochen und anschließend das frei gewordene Gelände zum Gewerbegebiet umgewidmet. Nur wenige Gebäude blieben erhalten, darunter die architektonisch interessante, um 1870 als Produktionsstätte errichtete und spätere Kantine. Schräg gegenüber der Kantine befindet sich eine 2007 restaurierte Gruppe von Grab- und Ehrenmalen, die an die Historie der Eisenhütte erinnern. Von links nach rechts sind dies das Grabmal von Christine Elisabeth Wehrenbold (1783-1861), Ehefrau des Gründers, die Grabplatte des Mitbegründers Franz Schulz (1790–1871), ein Ehrenmal für im Ersten Weltkrieg gefallene Werksangehörige und das gusseiserne, neogotische Grabmal des Firmengründers Wehrenbold. Die Grabmale wurden vom früheren Tobiasfriedhof in Lünen hierher versetzt. An der Rückwand des früheren Fährhäuschens an der Westfalia-Lippebrücke informiert eine Tafel über die frühe Geschichte der Eisenhütte und über den Rohstoff, der die Gründung des Betriebes initiierte: Raseneisenerz. Angefangen mit der 1758 in Betrieb gegangenen St. Antony-Hütte in Osterfeld, war Raseneisenerz für alle frühen Eisenhütten im Lippe- und Emschertal eine entscheidende Voraussetzung. Das Erz entstand hauptsächlich in der Nacheiszeit vor 7000 bis 2500 Jahren den Fluss- und Bachniederungen, wo es dicht unter der Oberfläche durch einfaches Abgraben gewonnen wurde. Es handelt sich um verfestigte Anreicherungen von Eisen(III)-hydroxiden, meist Goethit und Lepidokrokit, die nach Lösung von Eisenionen in humin- und kohlensaurem Wasser durch Reaktion mit Sauerstoff und unter Beteiligung von Bakterien im Grundwasserschwankungsbereich ausgefallen sind. Die stark schwankende Eisengehalt liegt im Schnitt um 40 Massen-%; dokumentierte Höchstwerte reichen bis 83 Massen-%. Der Eisenanteil ist damit höher als jener von Ortstein [1] oder von Eisenschwartenstein [2]. Neben seiner Funktion als Eisenlieferant für die frühen Eisenhütten wurde Raseneisenerz in der Lipperegion selten auch als Baustein verwendet. So finden sich im Mauerwerk der Dorfkirche in Gahlen [3] mehrere Exemplare. Auf einem Bauernhof in Hamm-Bossendorf ist eine Einzäunung aus diesem Material dokumentiert.

[1] siehe „Bodenbildung Podsol“ [2] siehe „Baggersee Flaesheim“ [3] siehe „Dorfkirche Gahlen“

 

Historisches Backsteingebäude
Ehemaliges Kantinengebäude der Zeche Westfalia © A. Abels

126 Ziegelei Siegeroth

Eine weitere Station zur Wirtschaftsgeschichte Lünens repräsentiert die 1995 stillgelegte Ziegelei Siegeroth an der Münsterstraße. Die seit 1986 unter Denkmalschutz stehende Ziegelei ist das drittälteste vollständig erhaltene Denkmal dieser Art in Deutschland. Trockenschuppen, ein 18 m hoher Schornstein, der seltene Zick-Zack-Brennofen und selbst der große Ein-Zylinder-Diesel von 1937 für die mechanische Arbeit sind erhalten. Letzte Betreiber der Ziegelei waren die Eheleute Aloys und Mechthild Siegeroth, die den Betrieb in fünfter Generation führten und heute für seinen Erhalt sorgen. Gegründet wurde der Ziegelei 1811 in Dortmund-Brechten durch den Ziegelmeister Johann Wilhelm Segeroth (1771-1848), der aus dem Gebiet des späteren Essen-Segeroth zugewandert war. Der Nachname änderte sich 1833 in Siegeroth, vermutlich durch die Fehlinterpretation einer schwer lesbaren Unterschrift. Nach dem Tod des Vaters verlegte sein Sohn (1812-1886) 1849 den Betrieb nach Lünen-Wethmar.

Der Rohstoff Tonmergel stammte bis etwa 1960 aus Werne-Langern, kam danach aber vor allem aus Baugruben. Zunächst wurde in zwei, ab 1870 in drei relativ kleinen Kasseler Öfen gebrannt, bis 1930 ein Zick-Zack-Ofen mit acht Kammern den Betrieb aufnahm. Bis zur Produktionseinstellung war dieser Ofen 26 Jahre und drei Monate ununterbrochen beheizt. Trotz einzelner Neuerungen wie der künstlichen Trocknung oder einer automatischen Abschneidevorrichtung wurde bis zuletzt ausgiebig Handarbeit verrichtet. Produkte waren Hartbrandziegel, die für den Bau von Brunnen, Backöfen, Brücken, Kanäle und ganzer Flughäfen Verwendung fanden. Dazu kamen Gitterziegel für den Hinterwandbau und Drainageröhren. Eine Eigenentwicklung waren achteckige Weinlagerrohre, die eine sichere Stapelung der Weinflaschen erlauben. Kabelabdeckhauben für die Deutsche Post wurden ab 1970 produziert und erfolgreich vertrieben, trotz aufkommender Konkurrenz durch Plastikprodukte. In den 1970/80er Jahren kamen ungebrannte Ziegelrohlinge für biologisches Bauen hinzu. Gelegentlich werden von Aloys Siegeroth persönlich geleitete Führungen durch den Betrieb angeboten, organisiert über das Umweltzentrum Westfalen in Bergkamen-Heil.

Backsteingebäude-Ensemble mit Kamin
Ziegelei Siegeroth in Lünen-Wethmar. © A. Abels

127 Löbbe-Kohlehobel

An die Bergbautradition Lünens und die Eisenhütte Westfalia soll ein Kohlenhobel erinnern, der am 7. Mai 2002 an der westlichen Ecke Von-Born-/Münsterstraße aufgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die rund sechs Tonnen schwere Maschine 16 Jahre alt, davon 13 im Einsatz unter Tage. Kohlenhobel dieses Bauprinzips gehen zurück auf Entwürfe Wilhelm Löbbes (1890–1950), der ab 1921 Chefingenieur und ab 1948 technischer Direktor auf der Westfalia war. Diese Weiterentwicklung, später offiziell Löbbe-Hobel genannt, trug vor allem wegen der mit ihr erreichten höheren Abbaugeschwindigkeit erheblich zur Produktivitätssteigerung im Steinkohlenbergbau bei. Tragischerweise starb Löbbe bei einem Autounfall im März 1950, dem Jahr, in dem „sein“ Hobel die Serienreife erreichte und erstmals auf einer internationalen Messe im belgischen Lüttich der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Eine in Edelstahl gefasste, gusseiserne Gedenktafel mit einem Leitspruch Löbbes und einer Abbildung des Hobels steht seit 2003 an der nach ihm benannten Straße.

Weißer Kohlenhobel in Wohngebiet
Denkmal „Löbbe“-Kohlehobel. © A. Abels

128 Lüner Lippeaue

Die Lippe war im 19. Jahrhundert ein wichtiger Schifffahrtsweg, was starke Eingriffe in die Morphologie des Flusses mit sich brachte. Mäander wurden durchstochen, das Flussbett vertieft, Klippen gesprengt und die Ufer generell auf verschiedene Art und Weise befestigt. Im 20. Jahrhundert wurde dann der Deichbau forciert, um die Anlieger vor Hochwasser zu schützen. Gleichzeitig verkam der Fluss immer mehr zum Abwasserkanal. Im Zuge der Umweltschutzbewegung begann dann in den 1980er Jahren ein allgemeines Umdenken. So entwickelte der Lippeverband ein „Lippeauenprogramm“ mit dem Ziel, den Fluss naturnah umzugestalten. Teil des Programms war seit 1995 die Entfernung von Steinschüttungen, die zur Uferbefestigung eingebaut worden waren.

An rund 130 Stellen kann der so „entfesselte“ Fluss nun wieder Steilufer, Flachwasserzonen und Sandbänke herausbilden. Einige Projekte zur Lippe-Renaturierung sind Mitte 2016 noch in Arbeit, so im Raum Datteln-Olfen und Haltern-Marl, andere in Vorbereitung, etwa zwischen Werne und Lünen. Westlich der Lüner Innenstadt sind weite Bereiche der Lippeaue von Bebauung freigehalten und können bei Hochwasser weiträumig überflutet werden. Dieses Gebiet ist heute teilweise unter Naturschutz gestellt, wird extensiv bewirtschaftet oder als Segelflugplatz genutzt. Hier können exemplarisch diese Veränderungen der Lippeaue an 16 Stationen eines 2015 eröffneten, rund 17 km langen Erlebnisrundweges studiert werden. Uferschwalben und Eisvögel haben die mehrere Meter hohen Steilkanten bereits entdeckt und ziehen hier in Bruthöhlen ihre Jungen groß.

Rundweg und weitere Informationen

Fluss bei niedrigem Wasserstand
Sandiges Steilufer in der Lüner Lippeaue. © A. Abels

129 Großsteingrab Alstedde

Der Sandstein-Findling vor der Ludgerus-Kirche in Alstedde stammt aus einem Megalithgrab, dessen Reste 1973 östlich der Alstedder Straße am Sprengers Knapp bei Drainagearbeiten wiedergefunden wurde. Ursprünglich war das Grab 1909 beim Abbau von Sand in rund 1 m Tiefe entdeckt und kaum dokumentiert zerstört worden. Es war das südlichste seiner Art in Nord- und Westdeutschland. Der Findling ist ein Unterkreide-Sandstein aus dem nördlichen Teutoburger Wald. Er zeigt eine tiefe Wetzrille, dessen Bedeutung ungeklärt ist.

130/131 Sandabbaukanten

Die Talaue der Lippe wird beidseitig von einer Niederterrasse begleitet, deren mächtige Sande früher in großem Maßstab abgebaut wurden. Eine technische Nutzung ergab sich durch die Eisenhütten, welche Füllmaterial für Gießformen benötigten, den Formsand. Im 20. Jahrhundert kam die Bauindustrie und der Steinkohlen-Bergbau hinzu, der Sand als Versatz für die Ausfüllung ausgekohlter Hohlräume benötigte. Der Absatzmarkt für den Lippesand lag im Ruhrgebiet und im nördlichen Sauerland. In Lünen wurde Sand in allen an der Lippe angrenzenden Stadtteilen abgebaut. Dabei wurden Gruben von bis zu 4 m Tiefe angelegt, in die teilweise Gleise zum Abtransport des Sandes verlegt wurden. In Alstedde und Altenbork sind nordöstlich der Alstedder Straße noch gut einige Geländekanten zwischen ausgesandeten und nicht ausgesandeten Arealen zu erkennen.

Texte: Abels, A. (2017): GeoRoute Lippe: Von Eisensteinen, Dünenfeldern und Mäandern der Lippe – durch den Norden des GeoPark Ruhrgebiet, Regionalverband Ruhr und GeoPark Ruhrgebiet e.V. (Hrsg.), Essen.

Geländekante an Ackerfläche
Sandabbaukanten nördlich der Alstedder Straße. © A. Abels