GeoRoute Lippe

Geostopp 136-143 (Variante Dorsten-Hünxe)

Schermbeck-Gahlen

136 Artesische Quelle Gahlen

Anfang des 20. Jahrhundert sprudelten in der Lippeniederung nördlich von Gahlen zahlreiche artesische Quellen, wo Wasser aus tieferen wasserführenden Schichten durch Eigendruck bzw. „hydrostatischen Überdruck“ aufstieg und an der Oberfläche austrat, nicht selten als kleine Fontäne (Springquelle). Diese Quellen, die auch in den Lippeniederungen bei Dorsten, Schermbeck und Gartrop häufig vorkamen, waren allerdings nicht natürlichen Ursprungs, sondern das Ergebnis von frühen Erkundungsbohrungen auf Kohle und später von Bohrungen zur Wassergewinnung. Viele der artesischen Quellen existieren heute nicht mehr. Viele Bohrungen sind schlicht zugefallen, wurden verstopft oder führten durch natürliche Abdichtungen (Verockerung) der Bohrungen kein Wasser mehr. Einige von ihnen sind aber noch vorhanden, allerdings meistens nicht mehr zugänglich oder als Grundwasserbrunnen genutzt. Zur Erinnerung an die Gahlener Quellen und ihrer damaligen Bedeutung für die Bevölkerung hat der Heimatverein Gahlen zusammen mit der RWW Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft zwei dieser Quellen reaktiviert und ausgebaut. Das Umfeld der straßennahen Quelle ist nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Gegensatz zu früher ist heute der artesische Druck der Quellen deutlich niedriger, so dass nur noch relativ wenig Wasser austritt. Das Quellwasser wurde damals von der Bevölkerung zum Waschen und Trinken genutzt, so auch von Schulkindern und Sportlern des benachbarten Sportplatzes.

Im Falle der Gahlener Quellen liegen die Nährgebiete für das Grundwasser, also jene Bereiche in denen das Regenwasser versickert, südlich von Gahlen und nördlich von Schermbeck jeweils deutlich höher als die Quellaustritte in der dazwischen liegenden Lippeniederung. Grundwasserleiter sind die Halterner Sande, die von Mergeln der Bottrop-Formation, einem Wasser stauenden Gestein, überdeckt werden. Nach unten werden die Sande durch den ebenfalls Wasser stauenden Emschermergel weitgehend abgedichtet. Das Wasser fließt in den Sanden dem Gefälle folgend in Richtung Lippeniederung unter den Bottroper Mergel und konnte erst dann unter Druck nach oben entweichen, als Bohrungen den Mergel durchstießen. Eine Tafel an der Quelle informiert über die Zusammenhänge. Außerdem erinnert eine in einen Findling eingelassene Bronzeplatte an August Schulte-Herbrüggen (1873-1938), „der in den Jahren zwischen 1910 und 1930 die artesischen Quellen, Relikte früherer Steinkohle-Erkundungsbohrungen, entdeckte.“  Eine weitere artesische Quelle mit stärkerer Schüttung als in Gahlen liegt an der GeoRoute weiter westlich am Schloss Gartrop[1].

[1]siehe „Artesischer Brunnen Gartrop“

Earthcache Artesische Quelle Gahlen

Weitere Informationen zu den Artesischen Brunnen in Gahlen (LVR)

Heimatverein Gahlen

Kleines Wasserbecken mit Geländer
Kneipp-Becken an den Artesischen Quellen in Gahlen. © A. Abels

137 Dorfkirche Gahlen

Die evangelische Dorfkirche in Gahlen wurde im späten 12. Jahrhundert auf einer kleinen Anhöhe als einschiffige Hallenkirche mit Wehrturm aus Halterner Sandstein errichtet. Bei späteren An- und Umbauten ab 1514 wurde ebenfalls dieses Gestein genutzt, außen sichtbar in einem Teil der Südwand und im Sockelmauerwerk des spätgotischen Kirchenschiffs. Zwischen den Sandsteinen des Turms wie des Schiffs finden sich vereinzelt braunrote Stücke von Raseneisenerz. Dieses in der Region nur selten als Baustein verwendete Material wurde im 19. Jahrhundert im Lippetal für die frühe Eisenhüttenindustrie großflächig abgebaut [1].

[1] siehe „Eisenhütte Westfalia“

Kirchengemeinde

Natursteinwand
In der Dorfkirche Gahlen. © A. Abels

138/139/140/141/142/143 Tongruben Gahlen

Westlich von Gahlen wird seit über 100 Jahren in großen Gruben Ton abgebaut. Die Grubenbesitzer Otto und Franz Paul Minor, Gründer der Gewerkschaft Idunahall in Hannover und Gotha, hatten 1906 in dem Gebiet Land erworben und gründeten zwei Jahre später eine große Ziegelei Idunahall nördlich des Kanals bei Schermbeck. Bis zur Stilllegung des Betriebes 2005 wurden hier Unmengen von Dachziegeln hergestellt. Die größte dieser frühen Gruben wurde geflutet und ist heute ein großer Waldsee (138). Da die wasserundurchlässigen Tone bei weitem nicht in ihrer ganzen Mächtigkeit abgebaut wurden, waren die Gruben nach dem Abbaubetrieb zudem bevorzugte Standorte für Deponien. So entstand ab 1982 zuerst die Grube Mühlenberg (141), dann zeitlich überlappend die gleichnamige Deponie (Mühlenberg-Nord und -Süd). Betreiber ist die Firma Nottenkämper. Deponiert werden mineralische Stoffe, etwa Asche, Schlacken, Bauschutt und verunreinigte Böden, und die Fläche anschließend rekultiviert. Am Ende wird über der Grube Mühlenberg ein rund 70 m hoher Hügel entstanden sein. Direkt südlich des neuen „Mühlenbergs“ liegt die Anfang 1984 in Betrieb gegangene Zentraldeponie Hünxe-Schermbeck. Auch diese ist bereits teilweise wieder rekultiviert. Ein neuer rund 37 ha großer Austonungs- und Deponiebereich (142) namens „Eichenallee“ schließt nördlich an die Zentraldeponie an. Die Firma Nottenkämper will hier ihren Rohstoffbedarf bis um 2040 sicherstellen. Wie auch im Raum Schermbeck lagerten sich in der Region zwischen Gartrop und Gahlen Tone der Lintforter und der Ratinger Schichten des älteren Oligozäns (Rupel) ab. Im frischen Zustand ist es ein dunkelgrauer bis schwarzer, fetter Ton, der zonenweise Kalkgehalt aufweist. Gelegentlich können schichtweise große, flachrunde Kalkkonkretionen, die Septarien, darin auftreten, weshalb das Material früher auch Septarienton genannt wurde. Über den mindestens 50 m mächtigen Tonschichten lagert eine im Schnitt nur etwa 2,5 m dicke quartäre Überdeckung, vorwiegend Geschiebelehme mit einzelnen Geröllen und Geschieben als verwitterte Überreste einer eiszeitlichen Grundmoräne. Bei den Abbautechniken mit Schaufel und Spaten war das zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Standortvorteil.

Die Eigenschaften der Tonbestandteile eignen sich besonders gut zur Produktion frostbeständiger Dachziegel. Das Material kommt zudem wegen seiner Grubenfeuchte in solch plastischer Form vor, dass er sich besonders in Zeiten einer extensiven Handarbeit wesentlich leichter verarbeiten ließ. Die Tongruben waren seit 1908 über eine Feldbahn mit dem Dachziegelwerk verbunden. Von 1908 bis 1936 wurden die Loren von Pferdegespannen aus den Tongruben bis an die Lippe gezogen. Von dort beförderte eine Seilbahn das Material in das Werk. 1936 wurde dann eine Brücke über die Lippe und den 1930 eröffneten Kanal errichtet, die eine Bahnlinie parallel zum Straßenbetrieb zuließ. Erst Ende 2001 wurde der Bahnbetrieb eingestellt. Nachdem Versuche die Bahn als Museumsbahn zu erhalten scheiterten, wurden Teile der Strecke zurückgebaut. Einen guten Eindruck von der originalen Trasse inklusive der Gleise erhält man noch zwischen der Lippe und der Unterführung Hünxer Straße (143).  Neben dem Hofcafé Haferkamp nördlich der artesischen Quelle (136) betreiben die „Feldbahnfreunde Gahlen e.V.“ eine kleine Museumsbahn mit originalen Fahrzeugen. Ein weitere Reminiszens an diesen bedeutenden Wirtschaftszweig Gahlens ist seit 2011 das direkt an der GeoRoute liegende Radwandercafé „An’ne Lehmkuhle“, Meesenmühlenweg 75.

Texte: Abels, A. (2017): GeoRoute Lippe: Von Eisensteinen, Dünenfeldern und Mäandern der Lippe – durch den Norden des GeoPark Ruhrgebiet, Regionalverband Ruhr und GeoPark Ruhrgebiet e.V. (Hrsg.), Essen.

Informationen zu den Tongruben (LVR)

Informationen zur Feldbahnstrecke (LVR)

Feldbahnfreunde Schermbeck-Gahlen e.V.

Tongrube Eichenallee

ZIegelhäuschen mit Außengastronomie
Radwandercafé „An`ne Lehmkuhle“. © A. Abels
Schienen queren Asphaltstraße
Feldbahntrasse der Tongruben in Gahlen. © A. Abels