Steinbruch Mitzwinkel
GeoRoute Ruhr
Der als Naturdenkmal eingetragene Steinbruch wurde zur Sandsteingewinnung für die Ruhrtalbahn angelegt. Er erschließt Schichten der Sprockhövel-Formation mit Kohleflözen der Wasserbank- und Neuflöz-Gruppe, die einen marinen Horizont beinhalten, aus dem zahlreiche wissenschaftlich interessante Fossilfunde stammen. Ein historischer Zeitungsartikel weist auf den Fund eines vollständigen Fischfossils hin, der jedoch wissenschaftlich nicht bestätigt wurde. Desweiteren war am Standort eine historische Stollenzeche beheimatet. Vor Ort befindet sich eine Infotafel.
Weitere Informationen
Der Steinbruch ist die Station 12 der
In der Nähe
Burg Luttelnau (Ruine Kattenturm)
Sonstiges
Infos
Adresse: Am Kattenturm, 45219 Essen (ab hier Fußweg 500 m)
UTM-Koordinaten (Zone 32): RW: 358025 HW: 5693236
ÖPNV: Bushaltestelle Kattenturm (500 m), Kettwig S-Bahnhof (1 km)
Führungen / Pädagogische Angebote
Der GeoPark Ruhrgebiet hat zum Steinbruch Mitzwinkel die Unterrichtseinheit: „Der geheimnisvolle Mitzwinkelfisch“ herausgegeben. Die Materialien sind nach der Mystery-Methode aufgebaut und richten sich an Schüler ab Klasse 9. Sie stehen kostenlos als Download zur Verfügung.
Downloads
Lernmaterialien (PDF) (1 MB)
Infotafel (PDF) (3 MB)
Links und Literatur
Schmidt, W. (1953): Das Namur-Profil von Mitzwinkel (Blatt Kettwig). Geologisches Jahrbuch 68, S. 241-270, Hannover
Zu diesem Geotop
Geologisches Profil und Schichtenfolge
Geologisches Profil und Schichtenfolge
Die Gesteinsschichten am Mitzwinkel dokumentieren die Entwicklung der Landschaft während der Oberkarbonzeit vor ca. 317 Mio. Jahren (Sprockhövel-Formation). Im Profil 1 sind die älteren Gesteine auf der rechten, die jüngeren auf der linken Seite der Felswand zu sehen. Eine Niederung mit Mooren (Kohleflözchen „Neuflöz“), Seen (tonige Ablagerungen) und Flüssen (dünne Sandsteinschichten) wurde vom Meer überflutet (Tonsteinhorizont). Das Meeresbecken wurde anschließend von Sandschüttungen aus einem Flussdelta aufgefüllt (Wasserbank-Sandstein), so dass sich hier erneut ein Moorwald ansiedeln konnte (Flözgruppe Wasserbank). Diese Flöze wurden wieder von Meeresablagerungen überdeckt. Derartige Zyklen haben sich im Ruhrkarbon im Laufe von ca. 10 Mio. Jahren etwa 300 Mal wiederholt. Im Profil zeigen sich demnach etwa 25.000 Jahre der Erdgeschichte.
Folgt man dem Weg 75 m aufwärts, befindet sich auf der linken Seite ein weiterer Aufschluss (Profil 2). Hier wiederholt sich die Schichtenfolge in umgekehrter Reihenfolge. Die Wasserbank-Flöze sind durch schwarze Bodenverfärbungen erkennbar. Der Weg folgt dem Kern der Mulde von Pörtingssiepen.
Flöze und Zeche
Flöze und Zeche
Das etwa 50 cm mächtige Flöz Wasserbank 2 wurde von der Zeche „Kanzel“ zwischen 1802 und 1865 abgebaut. Hier im Aufschluss erscheint es wegen einer Überschiebung verdickt. Das Stollenmundloch der Zeche ist unterhalb des Weges, etwa 150 m abwärts, noch zu erkennen. Nachlesebergbau fand noch in den Notzeiten 1921-1923 und 1951/52 statt.
Fossilien
Fossilien
Neben Pflanzenresten, vor allem Farnen und Schachtelhalmen, die zur Vegetation der Moorwälder gehören, deuten in den Tonsteinhorizonten über Flöz Wasserbank 2 und Flöz Neuflöz Funde von Muscheln und Fischschuppen, die von urtümlichen Quastenflossern stammen, sowie Grabgänge, die Würmer im Schlick hinterlassen haben, auf marine Wasserverhältnisse hin. Ein körperlich erhaltener Wurmrest wurde hier erstmalig gefunden und erhielt nach dem Fundort bei Kettwig und einem bekannten Karbon-Geologen, Dr. Paul Michelau, den wissenschaftlichen Namen Kettwigiella michelaui.
Detallierte geologische Beschreibung
Detallierte geologische Beschreibung
Der Aufschluss „Mitzwinkel“ wird in der geologischen Literatur mehrfach erwähnt. Die detaillierteste Beschreibung publizierte W. Schmidt 1954 im „Geologischen Jahrbuch“. Danach waren seinerzeit am südlichen Ende der Aufschlusswand noch zwei Kohleflöze aufgeschlossen (davon eines über 1,20 m mächtig), die er als Flöz Wasserbank und Flöz Dreckbank einstufte (nach der modernen Nomenklatur wären die Flöze als Wasserbank 2 und Wasserbank 1 zu bezeichnen). Ausführlich widmete er sich den Fossilien in den beiden marinen Horizonten, die über Flöz Neuflöz (Oberbank) und Flöz Wasserbank 2 auftreten. Der Horizont über Flöz Neuflöz enthält neben Muscheln und den Grabgängen von Würmern besonders häufig Fischschuppen, die von urtümlichen Quastenflossern herrühren. Im marinen Horizont über Flöz Wasserbank 2 entdeckte er den unscheinbaren Überrest eines körperlich erhaltenen Ringelwurms, bis heute der einzige Fund dieser Art im Ruhrkarbon. Er erhielt nach dem Fundort bei Kettwig und dem bekannten Karbon-Geologen Dr. Paul Michelau den wissenschaftlichen Namen Kettwigiella michelaui. Felssicherungsarbeiten gaben Gelegenheit, auch den mittlerweile völlig verfallenen Abschnitt des Profils, in dem die Ausbisse der Wasserbank-Flöze zu vermuten waren, wieder freizulegen. Bereits nach kurzem Baggereinsatz konnte die Beschreibung W. Schmidts bestätigt werden, allerdings mit dem Unterschied, dass das Flöz Wasserbank 2 sogar eine Mächtigkeit von über 2,80 m aufwies (mit ca. 1,20 m reiner Kohle). Die Kohleschichten wurden durch Bodenfließen als „Flözblume“ hangabwärts verbogen.
In der Steinbruchwand sind die Schichten gleichmäßig mit etwa 45° nach Südwesten geneigt (Profil 1). Folgt man der GeoRoute Ruhr 75 m aufwärts, liegt links des Weges ein weiterer Aufschluss (Profil 2). Dort wiederholt sich die Schichtenfolge in umgekehrter Reihenfolge, beginnend mit den Wasserbank-Flözen (schwarze Bodenverfärbung), über die dickbankigen Sandsteine bis zum marinen Tonsteinhorizont. Die Schichten sind aber steil nach Nordosten geneigt. Der Weg folgt daher dem Kern einer muldenförmigen Gebirgsfalte. Die beiden dicht beieinander liegenden Aufschlüsse verleiteten zu der Annahme, dass sich die Mulde dicht unter der Erdoberfläche schließen müsse. So ist die Aufschlusssituation auch in den Erläuterungen zur Geologischen Karte (Blatt Kettwig) aus dem Jahr 1931 dargestellt. Dem widersprach, dass nach den Unterlagen der „Flötzkarte des niederrheinisch-wesftälischen Steinkohlebeckens“ aus dem Jahr 1868 hier die Zeche „Kanzel“ ein Flöz „Schurfflöz“ bis zur Talsohle der Ruhr abgebaut hatte. Durch eine Recherche bei der Bergbehörde in Dortmund konnte festgestellt werden, dass noch Grubenrisse der Zeche „Kanzel“, die von 1802 bis 1865 in Betrieb war, vorhanden sind. Die Auswertung dieser Unterlagen ergab, dass sich die Mulde mit einem etwa 45° einfallenden Nordflügel und einem steilen und z.T. überkippten Südflügel bezogen auf Flöz Wasserbank 2 (das hier früher als „Schurfflöz“ bezeichnet wurde) noch etwa 40 m in die Tiefe erstreckt.
Das Stollenmundloch der Zeche ist etwa 150 m südlich (abwärts) vom geologischen Aufschluss auf der linken Wegseite noch zu erkennen; ebenso eine Schachtpinge im Wald oberhalb des Aufschlusses. Der Wasseraustritt unmittelbar an der Ruhrtalstraße unterhalb des Steinbruchs ist keine natürliche Quelle, sondern rührt vom völlig verstürzten Wasserlösungsstollen der Zeche „Kanzel“ her. Da nach den Angaben in den Grubenrissen die Mächtigkeit des abgebauten Flözes durchweg nur etwa 40 – 60 cm betrug, muss die extreme Verdickung im Aufschlussbereich eine andere Ursache haben. Am wahrscheinlichsten erscheint das Vorhandensein einer Überschiebungszone, die das Flöz verschuppt hat.
(Dr. Volker Wrede)