Aufschluss Schiffswinkel
GeoRoute Ruhr
Am Seeufer der Hengsteysees sind über 250 m gefaltete Gesteinsschichten aufgeschlossen, die den Übergang von dem durch Meeresablagerungen geprägten Flözleeren Oberkarbon zum Flözführenden Oberkarbon darstellen, in dem das Ruhrgebiet erstmals in den Bereich eines Flussdeltas geriet. Der Eingang zum Stollen Gotthilf zeugt vom Abbau des ältesten abbauwürdigen Flözes (Flöz Sengsbank).
Weitere Informationen
Der Aufschluss ist der Geostopp 94 der
Er ist die Station Nr. 8. des
Energiewirtschaftlichen Wanderweges
Earthcache
In der Nähe
Infos
Adresse: Im Schiffswinkel 35, Herdecke (Parkplatz 400 m)
UTM-Koordinaten (Zone 32): RW: 392121 HW: 5695895
ÖPNV: Bushaltestelle Friedrich Harkort Gymnasium (1 km)
Führungen / Pädagogische Angebote
Die Firma Geotouring bietet auf Anfrage Führungen am Aufschluss Schiffswinkel an.
Zu diesem Geotop
Steile und flache Falten
Steile und flache Falten
In der Böschung unmittelbar hinter der Rückseite des Gasthauses liegt ein kleiner Steinbruch. Dort sieht man zwei Kohleflöze annähernd senkrecht stehen. Sie gehören zur Flözgruppe „Wasserbank“ der Sprockhöveler Schichten. Diese Flözgruppe besteht im Allgemeinen aus drei oder vier Flözen, von denen eins meist abbauwürdig war. So befanden sich auch hier die Stollen „Freundschaft“ aus dem 19. Jahrhundert und die Kleinzeche „Winzermark“, in der unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg noch für kurze Zeit Nachlesebergbau betrieben wurde. Die Stollenmundlöcher sind allerdings nicht mehr zu erkennen.
Zwischen Meer und Land
Zwischen Meer und Land
Gehen wir nun den Weg zurück zum „Schiffswinkel“, kommen wir in immer jüngere Gesteine. Zunächst herrschen noch Tonsteine vor, wie sie für Meeresablagerungen typisch sind. Hinter einem Absperrgitter tritt uns dann aber als erstes mächtiges Sandsteinpaket in der Böschung der Grenzsandstein entgegen. Sein Auftreten markiert die Grenze zwischen dem älteren flözleeren und dem jüngeren flözführenden Oberkarbon. Zu dieser Zeit erstreckte sich in unserem Gebiet ein flaches Meer, das im Süden von einer Küstenebene begrenzt wurde. Dahinter, etwa dort wo heute Spessart und Odenwald liegen, faltete sich zu dieser Zeit das Variscische Gebirge auf, dessen Front sich ganz allmählich nach Norden fortschob. Von diesem Gebirge her verfrachteten Flüsse große Mengen an Abtragungsmaterial als Sediment in das Meeresbecken. Der Grenzsandstein ist der älteste dieser Schwemmfächer, der bis weit in das Becken hinein verlagert wurde.
Dieses früheste Flussdelta wurde aber zunächst wieder vom Meer überflutet, wie die nun wieder in der Straßenböschung folgenden Tonsteine zeigen. Schon bald aber baute sich erneut ein Flussdelta auf, dessen Ablagerungen uns nun als „Kaisberg-Sandstein“ entgegentreten. Die Ablagerungen dieses Deltas haben wir auch am namengebenden Kaisberg in Hagen gesehen (Aufschluss 5). Sie ragten offenbar zeitweilig über die Wasseroberfläche des Meeres hinaus, so dass dort Bäume wachsen konnten. Überreste der Wurzeln dieser Bäume können wir an der Oberkante des Sandsteinpaketes erkennen.
Allererste Kohleflöze
Allererste Kohleflöze
Aber auch dieses Flussdelta war nicht stabil. Erneut erfolgte eine Überflutung durch das Meer, dessen Ablagerungen nun wieder die Straße begleiten. Bei Kilometer 1,27 der Straße lässt sich eine fossilführende Schicht finden, in der vor allem die Überreste winziger Meeresbewohner, sogenannter Foraminiferen, auftreten. Erneute Wechsel zwischen Ton- und Sandstein, der Sengsbänksgen-Sandstein und der Sengsbank-Sandstein deuten auf den Kampf zwischen Meeresüberflutung und Sedimenteintrag durch die Flüsse hin. Mit der Ablagerung des Sengsbank-Sandsteins stand der Sieger zunächst fest: Das Gebiet fiel für einen längeren Zeitraum soweit trocken, das sich ein Waldmoor auf dem sandigen Untergrund ausdehnen konnte. Aus seinen torfigen Ablagerungen entwickelte sich das Flöz Sengsbank, das hier etwa 50 cm Kohle führt. Wir erkennen dieses Flöz am Stollen „Gotthilf“, dessen rekonstruiertes Mundloch etwas versteckt hinter dem ersten Wohnhaus liegt. In der Zeit von 1822 bis 1846 wurde hier versucht, die Kohle abzubauen. Da das Flöz aber nur geringmächtig und zudem von Gebirgsstörungen durchzogen ist, kam es nicht zu einem längerfristigen Abbau.
Bei aufmerksamer Betrachtung fällt auf, dass das Kohleflöz und die unmittelbar hinter der links vom Stollenmundloch befindlichen Garagen auftretenden Schichten entgegengesetzt zur bisher durchwanderten Schichtenfolge geneigt sind. In dem kleinen Tälchen nördlich des Stollenmundlochs verbirgt sich der Kern einer Gesteinsfalte. Es ist die sogenannte Hiddinghäuser Mulde. Im Aufschluß "Am Schiffswinkel“ erkennen wir somit den Übergang vom Meer zum Land. Er war die Voraussetzung für die Bildung ausgedehnter Kohlemoore in den folgenden Abschnitten der Oberkarbonzeit, die Grundlage des bis heute bedeutsamen Steinkohlenbergbaus wurden.
Text: V. Bartolović, G. Drodzewski, V. Wrede